Lorsbacher Thal: Das etwas andere Gasthaus

Heimatlich mit Apfelwein

Pia und Frank Winkler haben als Pächter das Lorsbacher Thal übernommen und dem Haus einen neuen Dreh gegeben.
Mit dem Namenszusatz „Daheim“, Hessen-Häppchen und 120 Apfelweinen.


aus: AHGZ-Druckausgabe Nr. 2016/2 vom 16. Januar 2016 Barbara Goerlich

Das Team vom Daheim im Lorsbacher Thal: Die Mitarbeiter der Vorgänger sind alle noch an Bord.

Neupositionierung

Frankfurt. „Daheim im Lorsbacher Thal“ – das klingt nach ländlicher Idylle. Das gleichnamige Lokal mitten im trubeligen Frankfurter Amüsierviertel Alt-Sachsenhausen ist tatsächlich eine der wenigen Oasen im Quartier und zudem ein Apfelweinparadies. Mehr als 120 Varianten des „Stöffche“ stehen zur Auswahl: aus Frankfurt, Deutschland und dem Rest der Welt. Nach Jahren als traditionsreiches, aber angestaubtes Gasthaus ist das Lorsbacher Thal mit dem Namenszusatz „Daheim“ und neuen Pächtern durchgestartet. Pia und Frank Winkler, die Pächter des Apfelweinlokals, sind auch gut ein Jahr nach der Eröffnung mit neuem Konzept noch verblüfft, dass ihre „simple Idee“ dermaßen eingeschlagen hat. In ihrem Apfelweinlokal steht nicht – wie üblich – nur eine Sorte Apfelwein auf der Karte, sondern über 120 verschiedene. Initialzündung für die Winklers war vor drei Jahren die Apfelweinmesse im Römer. Frank Winklers Idee: Er würde ein Apfelweinlokal mit der umfangreichsten Apfelweinkarte der Welt eröffnen. Das gesuchte Lokal sollte authentisch sein, Charakter und auch eine bestimmte Größe haben, „damit sich auch etwas verdienen lässt“. Es fand sich das „Lorsbacher Thal“, eine alteingesessene Institution, knapp 200 Jahre alt und deutlich angestaubt, mitten in Alt-Sachsenhausen. Der Laden brummt. Die zehn Mitarbeiter haben Pia und Frank Winkler mit Mann, Maus und Küchenchef vom Vorgänger übernommen. Sie sind alle noch da. Tagsüber arbeitet das Gastro-erfahrene Ehepaar noch immer im eigenen Marketing- und Immobilienunternehmen, abends im Wechsel im Daheim. „Wir haben lange das Hotel Schafhof in Amorbach geleitet“, berichtet Frank Winkler, der nach dem Verkauf des Anwesens 14 Jahre „Gastro-frei“ war. „Doch wenn‘s einen mal gepackt hat, kriegt man es nicht mehr los.“

Die Klassiker der Ebbelwei-Cuisine stehen auch im neuen Lorsbacher Thal auf der Karte, doch ein wenig anders und mit Pfiff. Wer sich durchprobieren möchte, bestellt drei, vier Hessen-Häppchen für 2,80 bis 5,20 Euro – bitte nicht „Tapas“ sagen, sonst kriegt Wirt Winkler Zustände –, die sonst auch als Hauptgerichte erhältlich sind. „Alles hausgemacht“, betont der Hausherr, der sich ein Netzwerk regionaler Lieferanten aufgebaut hat. „Keine Fertigprodukte, keine Fritteuse, keine Tricks“, beschreibt Winkler die Arbeit der Küche. Schnitzel werden in Butterschmalz gebacken und es werden säckeweise Kartoffeln für den hausgemachten Stampf, Kartoffelsalat und die krossen Bratkartoffeln angeliefert.

Die große Frage war: „Kriegen wir genug neue Leute nach Alt-Sachsenhausen?“ Das Viertel genießt wegen der vielen Musiklokale und Kneipen mit Meterbier, Junggesellenabschieden und anderen Lustbarkeiten nicht den besten Ruf. „Tatsächlich ist dieser Stadtteil nicht annähernd so problematisch, wie das immer mal wieder kolportiert wird“, haben die Winklers in ihrem ersten Jahr erfahren.

Dank Email- und PR-Aktionen habe sich das Publikum im Lorsbacher Thal „stark gedreht“ und verjüngt. Zudem hat man sich auf Firmenveranstaltungen spezialisiert. Bei Apfelweinproben im ausgebauten Fasskeller diskutieren Banker statt über den Dax über den Bohnapfel der Kelterei Weidmann & Groh. Stammkunden bindet der Wirt mit Aktionen wie dem Club der Bembelträger ans Haus. Mitglieder bekommen einen Mini-Bembel zum Anstecken und stets ihren ersten Schoppen „auf Haus“ – lebenslänglich.

Barbara Goerlich